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Fortentwicklungsbedarf im Carsharinggesetz (CsgG) und in den entsprechenden Regelungen der StVO und VwV-StVO

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Der Bundesverband CarSharing e.V. (bcs) hat die Entstehung des CsgG, der entsprechenden Regelungen in StVO und VwV-StVO und der an §5 CsgG orientierten Landesregelungen für CarSharing kontinuierlich begleitet. Nach 2017 hat der bcs zahlreiche Kommunen bei der Umsetzung der rechtlichen Grundlagen beraten. Ein Leitfaden zur Umsetzung des CsgG und der entsprechenden Landesgesetze ist Anfang 2022 in neuer ergänzter und überarbeiteter Auflage erschienen.

Aus der Beschäftigung mit den rechtlichen Grundlagen der CarSharing-Förderung und ihrer bisherigen Umsetzung können wir zwei Maßnahmen ableiten, die die Bundesregierung zur Optimierung des Rechtsrahmens für CarSharing ergreifen sollte:

  • Vereinfachung der rechtlichen Grundlage für die Umsetzung von Stellplätzen im öffentlichen Raum für stationsbasiertes CarSharing
  • Überarbeitung der auf CarSharing bezogenen Inhalte der VwV-StVO

Die Bundesregierung ist gemäß § 6 CsgG selbst verpflichtet, die Wirkung des CsgG zu evaluieren. Diese Evaluation ist erfolgt, der Evaluationsbericht ist als Bundestags-Drucksache 19/31489 im Jahr 2021 erschienen. Die Autoren des Evaluationsberichts identifizieren 4 Handlungsfelder, auf denen Maßnahmen zur Optimierung des Gesetzes ergriffen und neue Maßnahmen der CarSharing-Förderung eingeleitet werden könnten. Diese Vorschläge des Evaluationsberichts kommentieren wir aus Sicht des bcs und seiner Mitglieder in Abschnitt 2. dieses Papiers.

1.    Maßnahmen zur Optimierung des Rechtsrahmens in CsgG, StVO und VwV-StVO

Maßnahme 1: Vereinfachung der rechtlichen Grundlage für die Umsetzung von Stellplätzen im öffentlichen Raum für stationsbasiertes CarSharing

Die Bereitstellung im öffentlichen Straßenraum ist für das CarSharing ein zentraler Erfolgsfaktor. Die CarSharing-Angebote sind jedoch hinsichtlich der Möglichkeit, den öffentlichen Straßenraum als Bereitstellungsort zu nutzen, nicht gleichgestellt. Free-floating CarSharing darf in Deutschland von jeher auf allen öffentlichen Straßen bereitgestellt werden. Die Bereitstellung gilt rechtlich als „Parken“. Für das stationsbasierte CarSharing hat der Bundesgesetzgeber 2017 im CsgG zwar klargestellt, dass die Bereitstellung auf öffentlichen Straßen möglich ist, allerdings ist dafür stets eine Sondernutzungsgenehmigung notwendig, die im Zuge eines Auswahlverfahrens erteilt werden muss. Damit bleibt das stationsbasierte CarSharing in Bezug auf die Bereitstellung im öffentlichen Raum benachteiligt. Denn die Anbieter sind abhängig von Verwaltungsakten der Kommunen, die diese durchführen können, aber nicht durchführen müssen. Zudem ist das vorgeschriebene Auswahlverfahren komplex und in der Praxis zeigt sich, dass die kommunalen Verwaltungen das Verfahren aus Kapazitätsgründen nicht oder nicht in dem Tempo abwickeln können, wie die Nachfrage nach CarSharing steigt und neue Stellplätze erforderlich werden. Der Evaluationsbericht der Bundesregierung zum CsgG stellt vor diesem Hintergrund zutreffend fest: "Es fehlen vor allem den kleineren Kommunen die personellen Kapazitäten für diese Aufgaben, so dass die Notwendigkeit eines Auswahlverfahrens für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für einzelne Kommunen sogar hemmend wirkt." (Bericht zur Evaluation des Carsharinggesetzes, S. 52 f.)

Die Benachteiligung des stationsbasierten CarSharing in dieser Hinsicht ist verkehrspolitisch besonders widersinnig, weil die stationsbasierte CarSharing-Variante erwiesenermaßen die höchste verkehrsentlastende Wirkung hat. Das heißt: Diese Variante reduziert den Pkw-Besitz in den teilnehmenden Haushalten am meisten und schafft so die Grundlage für ein multimodales Verkehrsverhalten mit einem hohen Anteil von Bus-, Bahn- und Fahrradnutzung. Das Umweltbundesamt sieht deswegen insbesondere die stationsbasierte CarSharing-Variante als nachhaltiges Mobilitätsprodukt an. Ebenso sehen die meisten Kommunen die Förderung des stationsbasierten CarSharing durch Stellplätze im öffentlichen Raum als vordringliche Aufgabe der CarSharing-Förderung an. Leider ist die Förderung des stationsbasierten CarSharing vom Gesetzgeber zugleich besonders komplex gestaltet worden.

Wie sehr die derzeitige Gesetzeslage den Ausbau stationsbasierter CarSharing-Angebote erschwert, zeigt eine Umfrage, die der bcs Ende 2020/Anfang 2021 bei denjenigen Kommunen durchgeführt, von denen zu diesem Zeitpunkt bekannt war, dass sie CarSharing-Stellplätze im öffentlichen Straßenraum eingerichtet hatten oder kurz vor Abschluss der Umsetzung standen.

Die Befragung ergab, dass in 138 Städten und Gemeinden in Deutschland zugeordnete Stellplätze für stationsbasiertes CarSharing ausgewiesen wurden. Das entsprach zu diesem Zeitpunkt 16 Prozent aller Kommunen, mit einem stationsbasierten CarSharing-Angebot. 121 der befragten Kommunen hatten die Stellplätze eindeutig auf öffentlich gewidmeten Straßen ausgewiesen. In 17 zumeist kleineren Kommunen wurden die CarSharing-Stellplätze auf privaten Flächen der Kommunen vergeben, die nach außen wie öffentlicher Straßenraum wirken, jedoch formalrechtlich als private Flächen im Besitz der Kommunen gewidmet sind und damit nicht in den Geltungsbereich des CsgG und der entsprechenden Landesgesetze fallen.

Insgesamt wurden in den erfassten Kommunen 2.544 CarSharing-Stellplätze im öffentlichen Straßenraum an 1.148 Standorten (CarSharing-Stationen oder Mobilitätsstationen) vergeben. Demnach war zum Zeitpunkt der Studie rund 21 Prozent des Bestands an stationsbasierten CarSharing-Fahrzeugen in Deutschland im öffentlichen Straßenraum bereitgestellt.

Das ist erfreulich, aber: Auch vier Jahre nach dem Inkrafttreten des CsgG stehen über drei Viertel aller stationsbasierten CarSharing-Fahrzeuge weiterhin im privaten Raum. Dieser hohe Anteil nicht im öffentlichen Raum sichtbarer Fahrzeuge wird der Bedeutung der stationsbasierten CarSharing-Variante für die Verkehrsentlastung bei weitem nicht gerecht.

Ermutigend ist, dass seit 2017 immer mehr Kommunen die CarSharing-Förderung begonnen haben: Von den 138 befragten Kommunen hatten 30 bereits vor Inkrafttreten des CsgG zugeordnete CarSharing-Stellplätze im öffentlichen Raum ausgewiesen, in 91 Kommunen wurden die CarSharing-Stellplätze im öffentlichen Straßenraum erst nach Inkrafttreten des CsgG eingerichtet. Das Bundesgesetz als Vorlage und die nachfolgenden Landesregelungen haben also offenbar in vielen Kommunen Initiativen zur Etablierung von CarSharing-Stellplätzen neu ausgelöst.

Allerdings zeigt sich bei genauer Betrachtung der Zahlen auch, dass der größte Teil der Anfang 2021 im öffentlichen Raum vorhandenen Stellplätze für stationsbasiertes CarSharing von denjenigen Kommunen eingerichtet wurde, die diese Praxis bereits vor Verabschiedung des CsgG begonnen hatten. Diese „erfahrenen“ Kommunen haben seitdem die Anzahl der genehmigten CarSharing-Stellplätze kräftig erhöht. Demnach holen zwar immer mehr Kommunen das stationsbasierte CarSharing in den öffentlichen Raum, in den meisten Kommunen steht dieser Prozess aber auch vier Jahre nach Inkrafttreten des CsgG noch ganz am Anfang.

Aus Sicht des bcs muss deshalb das oben zitierte Fazit des Evaluationsberichts zum CsgG deutlich verschärft werden: In fast allen Kommunen und in Kommunen aller Größe ist der komplizierte Genehmigungsprozess für die Bereitstellung von stationsbasiertem CarSharing im öffentlichen Raum ein erheblicher hemmender Faktor für die Förderung eines verkehrsentlastenden CarSharing-Angebots in den Kommunen.

Wie sehr das den Ausbau des CarSharing bremsen kann, lässt sich am Beispiel der Stadt Karlsruhe gut zeigen. Karlsruhe hat die höchste Dichte von CarSharing-Fahrzeugen pro 1.000 Einwohner unter allen Städten und Gemeinden in Deutschland. Im Stadtgebiet sind rund 1.150 CarSharing-Fahrzeuge bereitgestellt, 1.000 davon sind stationsbasierte Fahrzeuge, die auf Flächen im privaten Raum stehen, 150 Fahrzeuge sind free-floating Fahrzeuge. Gemessen an der Nachfrage könnten in Karlsruhe in den nächsten 3 bis 4 Jahren rund 500 weitere stationsbasierte CarSharing-Fahrzeuge bereitgestellt werden, für die keine Stellflächen im privaten Raum mehr gefunden werden können. Die Stadtverwaltung sieht sich allerdings bisher aus Kapazitätsgründen nicht in der Lage, zugeordnete Stellflächen im öffentlichen Raum für stationsbasiertes CarSharing nach § 5 CsgG zu vergeben. Eingerichtet wurden nur allgemeine Stellplätze nach § 3 CsgG. Diese verwaltungstechnisch deutlich unaufwändigere Stellplatz-Variante schafft allerdings Unsicherheiten für die CarSharing-Nutzer*innen und den Betriebsablauf der Anbieter und lässt sich in vielen anderen Städten so nicht umsetzen.

Die Bundesregierung sollte folgende Maßnahmen ergreifen, um den Kommunen die Förderung des stationsbasierten CarSharing zu erleichtern:

  • Vereinfachung der Rechtsgrundlage in §5 CsgG. Einige Bundesländer haben sich in ihren an §5 CsgG orientierten Landesgesetzen streng an die Vorlage des Bundes gehalten und den Kommunen in ihrem Einflussbereich damit unnötig komplexe Prozesse aufgebürdet. Andere Bundesländer haben ihre Gesetzgebung gegenüber dem CsgG bereits deutlich vereinfacht. Der Bundesgesetzgeber als Lieferant der ursprünglichen juristischen Vorlage sollte diesen Weg der Vereinfachungen nachvollziehen. Im Einzelnen bedeutet das: Streichung der Anforderung in §5 Abs. 3, dass im Auswahlverfahren für zugeordnete CarSharing-Stellplätze ein „geeigneter“ CarSharing-Anbieter auszuwählen ist und Umwandlung der Vorschrift in §5 Abs. 4, dass im Auswahlverfahren auf Umweltschutz oder Verkehrsentlastung bezogene Eignungskriterien zu definieren und anzuwenden sind in eine „Kann-Bestimmung“.
  • Verzicht auf Erlass einer Rechtsverordnung nach §5 Absatz 4, da dies den Verwaltungsprozess für die Kommunen weiter komplizieren und die Handlungsspielräume weiter einschränken würde. Ebenso äußert sich in diesem Punkt der Evaluationsbericht zum CsgG: "Insofern wird derzeit (in den Kommunen) kein Bedarf für eine Rechtsverordnung gemäß § 5 Absatz 8 (sic) CsgG, die die Eignungskriterien festlegt und an den aktuellen Stand der Technik anpasst, gesehen."
  • Initiierung eines Förderprogramms für kommunale Verwaltungen. Durch das Programm sollte der Aufbau von Planungs- und Umsetzungskapazitäten für die Ausweisung von CarSharing-Stellplätzen im öffentlichen Raum gefördert werden.
  • Überprüfung der Rechtsmeinung der Bundesregierung bezüglich zugeordneter und nicht zugeordneter CarSharing-Stellplätze im öffentlichen Raum in der laufenden Legislaturperiode. Das CsgG unterscheidet derzeit, ob ein CarSharing-Stellplatz allgemein durch CarSharing-Fahrzeuge genutzt werden darf oder als zugeordneter CarSharing-Stellplatz für ein bestimmtes CarSharing-Fahrzeug reserviert ist. Allgemeine CarSharing-Stellplätze können laut §3 CsgG im Rahmen der StVO von den Kommunen einfach durch Schilder angeordnet werden. Zugeordnete CarSharing-Stellplätze müssen gemäß §5 CsgG in einem komplizierten Auswahlverfahren auf Basis einer Sondernutzungsgenehmigung vergeben werden. Diese Zweiteilung ist sachlich widersinnig, denn in der Praxis „verbrauchen“ im öffentlichen Straßenraum bereitgestellte CarSharing-Fahrzeuge jeweils einen Stellplatz pro Fahrzeug - egal ob sie an einem festen Ort oder an irgendeinem Ort bereitgestellt werden. Die spezielle Benachteiligung der örtlich festgelegten Bereitstellungsform ist mit der Förderintention des CsgG nicht vereinbar und fußt auf formalen Überlegungen zur „Privilegienfeindlichkeit“ der Straßenverkehrsgesetzgebung, die unter Jurist*innen ohnehin umstritten sind.  

Maßnahme 2: Überarbeitung der auf CarSharing bezogenen Inhalte der VwV-StVO

Nachfolgend zu den aus dem Carsharinggesetz des Bundes (CsgG) resultierenden Änderungen der StVO sind in die VwV-StVO eine ganze Reihe von CarSharing-spezifischen Vorgaben und Empfehlungen aufgenommen worden. Diese unterstützen zum größten Teil nicht den mit dem CsgG beabsichtigten Förderansatz bzw. widersprechen bereits vorliegenden praktischen Erfahrungen. Im Einzelnen:

In VwV zu § 45 StVO, Abschnitt „X. Sonderparkberechtigung für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel (Bewohnerparkvorrechte)“ muss die Berechnungsformel einen höheren Anteil von CarSharing-Stellplätzen zulassen, um heutiger CarSharing-Nachfrage gerecht zu werden und den zukünftigen Ausbau des CarSharing-Angebots zu ermöglichen. Der heute vorgesehene Anteil von nur 5 Prozent muss auf 15 Prozent angehoben werden.

Im Abschnitt „Zu Absatz 1h Parkbevorrechtigungen für das Carsharing“ heißt es in 45e I. Satz 3: „Es sind sowohl Stellflächen für alle Carsharingfahrzeuge als auch Stellflächen nur für stationsbasiert tätige Carsharingunternehmen im Sinne von § 5 des Carsharinggesetzes oder der entsprechenden Landesregelungen ausgewogen zu berücksichtigen.“ Dies wird der räumlichen Verteilung der CarSharing-Angebotsformen nicht gerecht: Free-floating CarSharing gibt es derzeit nur in rund 50 von 935 Orten mit einem CarSharing-Angebot, zudem ist free-floating CarSharing eher ein „Innenstadt-Produkt“, während stationsbasiertes CarSharing dazu in der Lage ist, auch in periphere Lagen vorzudringen. Die Regelung müsste deshalb so verändert werden: „Die zuständige Behörde entscheidet, in welchem Umfang sie Stellflächen für alle Carsharingfahrzeuge und Stellflächen nur für stationsbasiert tätige Carsharingunternehmen im Sinne von § 5 des Carsharinggesetzes oder der entsprechenden Landesregelungen berücksichtigt.“

Im Abschnitt „Zu Absatz 1h Parkbevorrechtigungen für das Carsharing“ heißt es in 45e I. Satz 4: „Die Ausweisung von Stellflächen kommt insbesondere in Innenstadtlagen mit Nähe zum Umweltverbund (ÖPNV, SPNV, Bahnhof) in Betracht.“ Das ist nicht sachgerecht und muss durch eine fachlich richtige Formulierung ersetzt werden: „Die Ausweisung von Stellflächen kommt insbesondere in Wohngebiete mit hohem Parkdruck, Innenstädten und innenstadtnahen Lagen in Betracht. Standorte mit Nähe zum Umweltverbund (ÖPNV, SPNV, Bahnhof) können das wohnortnahe Stellplatzangebot sinnvoll ergänzen und Intermodalität ermöglichen.“

Im Abschnitt „Zu Absatz 1h Parkbevorrechtigungen für das Carsharing“ heißt es in 45g III. Satz 2 über die amtliche Beschilderung der CarSharing-Stellplätze im öffentlichen Raum: „Firmeneigene Logos dürfen nicht verwendet werden.“ Um Missverständnisse zu vermeiden, empfehlen wir folgende Änderung: „Firmeneigene Logos dürfen auf der amtlichen Beschilderung nicht verwendet werden.“ Denn: Die Erfahrungen zeigen, dass die amtliche Beschilderung reicht bei weitem nicht aus, um CarSharing-Stellplätze eindeutig zu kennzeichnen und Falschparker abzuwehren.

In dem auf § 39 StVO Bezug nehmenden neuen Abschnitt „Zu Absatz 11“ sollte die Beschreibung der Beantragung der CarSharing-Plakette berücksichtigen, dass nicht bei allen CarSharing-Fahrzeugen der Halter des Fahrzeugs mit dem CarSharing-Anbieter identisch ist.

In dem auf § 39 StVO Bezug nehmenden neuen Abschnitt „Zu Absatz 11, Zu Satz 2, I.“ sollte die Gültigkeitsdauer der CarSharing-Plakette von heute 5 auf 8 Jahre verlängert werden, um zur gewöhnlichen maximalen Laufzeit einer Sondernutzung für einen stationsbasierten CarSharing-Stellplatz zu passen und Verwaltungsaufwand zu reduzieren.

2.    Bewertung der Handlungsempfehlungen im „Bericht zur Evaluation des Carsharinggesetzes“, S. 51 ff.

zu „Handlungsebene 1: Berücksichtigung der Belange der kleinen und mittleren Kommunen“

Es wird im Evaluationsbericht vorgeschlagen:

  • Prüfung weiterer Verfahrensvereinfachungen bzw. Prüfung der Schaffung von weiteren Ausnahmeregelungen für kleine und mittlere Kommunen.
  • Spezifische (finanzielle) Förderung von nicht-wirtschaftlichen Lösungen.
  • Bereitstellung von Unterstützungsmöglichkeiten für die Verwaltung kleinerer und mittlerer Kommunen zur Planung und Einführung von Carsharingangeboten insbesondere durch das jeweilige Land.

Diese Vorschläge unterstützt der bcs.

zu „Handlungsebene 2: Ausweitung möglicher Adressaten der Bevorrechtigungen“

Der Evaluationsbericht empfiehlt eine Prüfung der Erweiterung des Adressatenkreises des CsgG, um

  • weitere Carsharingvarianten, wie bspw. peer-to-peer-Carsharing,
  • weitere neue Mobilitätsvarianten wie bspw. Ridesharing und Ridepooling.

In Bezug auf das peer-to-peer CarSharing weist der bcs darauf hin, dass die Ausweitung des CsgG auf Angebote jenseits der heute von §2 CsgG erfassten CarSharing-Varianten die erhebliche Gefahr mit sich bringt, dass private Haushalte sich Parkprivilegien sichern, indem sie ihre privat genutzten Fahrzeuge als CarSharing-Fahrzeuge deklarieren. Schon bei der ersten Formulierung des CsgG wurde diese Gefahr erkannt und der Gesetzestext entsprechend gestaltet. Das sollte beibehalten werden. Hier ist auch zu beachten, dass die heute vorhandene Formen des organisierten privaten Autoteilens in ihrer Wirkung kaum erforscht sind und die wenigen vorliegenden Forschungsergebnisse Hinweise enthalten, dass die entsprechenden Angebote privaten Autobesitz und Pkw-zentriertes Verkehrsverhalten mehr stabilisieren als verändern.

In Bezug auf andere Sharing-Dienste wie Ridesharing und Ridepooling weist der bcs darauf hin, dass die Forschungslage zu den verkehrlichen Wirkungen solcher Dienste ebenfalls noch dürftig ist. Ob eine Förderung im Allgemeininteresse ist, sollte noch besser erforscht werden. Falls eine Privilegierung sachlich richtig ist, sollte sie nicht im CsgG erfolgen, sondern in einem neuen Gesetz zur Förderung öffentlich bereitgestellter, geteilter Mobilitätsangebote. In einem solchen Gesetz könnten dann auch neue Definitionen der gemeinten Dienste erfolgen, die diese ausreichend abgrenzen. Die Dienste einfach unter „CarSharing“ zu subsumieren, halten wir für sachlich falsch. Sie mit ins Carsharinggesetz „hineinzupressen“, wäre nach unserer Auffassung auch für eine gezielte Förderung nicht dienlich.

Die im Evaluationsbericht im Abschnitt zur Handlungsebene 2 ebenfalls angesprochene Idee, statt der CarSharing-Angebote die digitalen Vermittlungsdienste (MaaS-Dienste) zu privilegieren, ist aus Sicht des bcs gefährlich und unsinnig. Schon heute können Kommunen die Nutzung von Privilegien für CarSharing an die Bedingung knüpfen, an von der Kommune gewünschten MaaS-Diensten teilzunehmen. Hier besteht kein Regelungsbedarf. Es wäre allerdings fatal und würde das CsgG und seine Umsetzung in der Praxis aushöhlen, wenn die digitalen MaaS-Dienste selbst Sondernutzungsrechte im öffentlichen Raum oder Parkprivilegien eingeräumt bekämen, die sie dann an CarSharing-Dienste weiterreichen können. Dies würde dazu führen, dass die Steuerung des CarSharing-Angebots sich von der Kommune auf die Betreiber der MaaS-Dienste verlagert – und damit weg von den verkehrspolitischen Zielsetzungen der Kommune. Der bcs hält diesen Vorschlag für einen Versuch bestimmter Anbieter von MaaS-Diensten, sich als „Gatekeeper“ für die Nutzung des öffentlichen Raums zu etablieren.

zu „Handlungsebene 3: Weitere spezifische Fördermaßnahmen“

Im Evaluationsbericht werden Maßnahmen oder Förderungen zur Vernetzung mit dem ÖPNV gefordert. Diese geschieht heute bereits in umfangreichen Fördermaßnahmen des BMDV. Kommunen können die Anforderung, eine digitale Vernetzung zwischen CarSharing und ÖPNV herzustellen, bereits heute mit den im CsgG vorgesehenen Fördermaßnahmen verbinden und tun dies in der Praxis auch. Ein Bedarf für eine weitere Regelung besteht aus Sicht des bcs nicht.

Statt in diesem Punkt einseitig das CsgG zu ergänzen, sollte der Bund dann lieber eine allgemeine Genehmigungspflicht für die Bereitstellung von Mobilitätsdiensten im öffentlichen Raum im Kontext von §29 StVO schaffen, die nicht nur CarSharing, sondern alle Mobilitätsdienste umfasst und von den Kommunen mit individuellen Auflagen verknüpft werden kann. So würde ein regulativer Rahmen gesetzt, der die derzeitige Entwicklung diverser Mobilitätsdienste angemessen begleitet.

Im Evaluationsbericht zum CsgG werden Maßnahmen zur Förderung kombinierter CarSharing-Systeme vorgeschlagen. Das könnte sinnvoll sein. Allerdings ist aus Sicht des bcs hier nicht der Bund gefordert. Die Kommunen haben die notwendigen Instrumente zur Förderung bereits vorliegen.

zu „Handlungsebene 4: Unterstützungskampagnen“

Eine allgemeine Unterstützungskampagne ist nie falsch, hat aus sich des bcs jedoch keine besondere Priorität. Andere konkretere Maßnahmen, wie die Förderung des flächendeckenden Ausbaus des CarSharing-Angebots in peripheren Lagen und des Ausbaus der Ladeinfrastruktur für CarSharing sind wichtiger. Diese wichtigen, jedoch nicht speziell mit dem CsgG verbundenen Maßnahmen beschreiben wir in unserem Nationalen Entwicklungsplan CarSharing für die Jahre 2021 bis 2025.

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PDF: bcs-Position zum Fortentwicklungsbedarf im Carsharinggesetz (CsgG) und in den entsprechenden Regelungen der StVO und VwV-StVO